Berlin (dts) – Der Präsident des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC), Christian Reinicke, schlägt sichtbare Preisinformationen an öffentlichen Ladestationen für Elektroautos wie an Tankstellen vor. „Wir brauchen dringend eine Vergleichbarkeit von Preisen, so wie wir das auch beim Tanken kennen“, sagte Reinicke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Es gebe keinen erkennbaren Grund dafür, dass es so etwas nicht gibt. Konkret fordert er, dass man an der Ladesäule erkennen müsse, „wie hoch der Strompreis überhaupt ist“, sagte er. „Dann würden E-Autofahrer auch mal spontan, wenn es gerade günstig ist, zum Laden fahren.“
Grundsätzlich fordert der Präsident von Europas größtem Mobilitätsclub mehr Verlässlichkeit in Bezug auf die Ladepreise an öffentlichen Ladestationen. Bislang sehe er jedoch noch große Unsicherheitsfaktoren. „Der Ladepreis für den Strom ist viel zu hoch und wird absehbar auch eher nicht sinken. Die Politik muss alles dafür tun, dass die Ladestrompreise für Verbraucher günstiger werden“, sagte Reinicke.
Helfen könnten dem ADAC-Präsidenten zufolge eine sogenannte Markttransparenzstelle, wie es sie auch bei Spritpreisen gibt. Angesiedelt ist sie beim Bundeskartellamt. Verbraucher können sich so zum Beispiel per App jederzeit über die Kraftstoffpreise informieren. „Das ist ein einfaches Instrument, das Verbraucher kennen. Und das würde automatisch zu einem Wettbewerb unter den Anbietern und auch zu günstigeren Ladepreisen führen“, so Reinicke.
Einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox zufolge war das Aufladen eines Elektroautos an einer öffentlichen Ladestelle im ersten Halbjahr 2024 bis zu 79 Prozent teurer als das Stromtanken an der heimischen Wallbox. Der durchschnittliche Haushalts-Strompreis lag bei 35,96 Cent/kWh. Bei öffentlichen Ladesäulen lag der durchschnittliche Kilowattstundenpreis bei 54,25 Cent/kWh (normale Aufladung mit Wechselstrom) beziehungsweise bei 64,44 Cent/kWh (Schnellladung mit Gleichstrom).
Mit Blick auf den Ausbau des Ladenetzes mahnte der Funktionär schnellere Fortschritte an. Man dürfe aber auch nichts Unmögliches verlangen. Gut ist der Ausbauzustand Reinicke zufolge an Autobahnen, aber zum Beispiel in Mehrfamilienhäusern habe man große Probleme. „Da höre ich zum Teil von Angeboten, wo Wohnungsbesitzer monatlich 50 bis 75 Euro an die Stadtwerke zahlen sollen – nur, um die Möglichkeit zu haben, laden zu können. Da sind die Strompreise noch nicht eingerechnet“, sagte er. Das rechne sich einfach nicht. „Nur aus Klimaschutzgründen werden sich Verbraucher kein E-Auto kaufen, zumal dann nicht, wenn sowohl der Anschaffungspreis als auch der Betrieb im Zweifel teuer ist.“
In Deutschland waren im vergangenen Jahr die Zulassungszahlen von Elektroautos massiv eingebrochen. Auch, weil die Ampel-Koalition zum Jahreswechsel 2023/2024 wegen Haushaltslöchern die Förderung strich. ADAC-Präsident Reinicke kritisierte das massiv: „Verlässlichkeit und Vertrauen in politisches Handeln sind wichtig. Und dann so eine Kaufprämie mal eben übers Wochenende aufzukündigen, war ein schwerer Fehler. Das darf nicht noch einmal passieren“, sagte er. Stattdessen müsse die Politik muss dafür sorgen, dass ein klares, planbares und voraussehbares Umfeld geschaffen werde, indem Elektromobilität in den Markt kommen könne.
Vorschläge aus Wahlprogrammen der Parteien wie eine Ladeprämie oder einen steuerlichen Vorteil beim Kauf eines Elektroautos lehnt Reinicke unterdessen ab. „Wenn ich kein Geld habe, kann ich nicht auch noch Steuervergünstigungen versprechen, die ich möglicherweise nicht halten kann oder wieder abkündigen muss“, so der ADAC-Präsident. Die Politik müsse dafür sorgen, dass das System dauerhaft funktioniere. „Das bedeutet, verlässliche Ladeinfrastruktur in der Fläche zu schaffen, aber auch Verlässlichkeit in Bezug auf die Preise“, sagte Reinicke.
Foto: Elektroauto an einer Strom-Tankstelle (Archiv), via dts Nachrichtenagentur