Berlin (dts) – Die scheidende Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat den nach wie vor geringen Anteil von Frauen im höchsten deutschen Parlament beklagt.
Insbesondere der zunehmend raue Ton in der Politik sei dabei ein Problem, sagte die Sozialdemokratin der Wochenzeitung „Das Parlament“. „Wir verlieren auf allen Ebenen der Politik viele Frauen, die sich sagen: Das tue ich mir nicht an – die sexistischen Angriffe, die Anfeindungen, der Hass, die Hetze.“
Bas beklagte, ihr selbst gestecktes Ziel einer stärkeren Geschlechterparität nicht erreicht zu haben. Grund für den rückläufigen Frauenanteil sei auch das Wahlrecht. „Leider ist es im Zuge der Wahlrechtsreform nicht gelungen, das Thema Parität zu regeln. Auch die Parteien müssen mehr tun, durch Quotenregelungen oder das Reißverschlussverfahren bei allen Wahllisten.“ Gerade in Wahlkreisen mit deutlichen Mehrheitsverhältnissen sei es für Frauen oft schwer, an „Platzhirschen“ vorbeizukommen.
Auch sonst sei die zurückliegende Legislaturperiode eine „unruhige Zeit“ gewesen, so die Noch-Bundestagspräsidentin. „Machen wir uns nichts vor: Es wird nicht einfacher. Mit den neuen Mehrheitsverhältnissen wird die Leitung der Plenardebatten nochmal herausfordernder, insbesondere was die Sprache und den Umgang untereinander angeht.“ Das Klima, im Plenum wie auf den Parlamentsfluren, sei sehr viel ruppiger geworden.
Mit gemischten Gefühlen blickt Bas auch auf die Abstimmungen selbst. „In der Pandemiezeit hatten wir sehr viel sehr schnell umgesetzt, Verfahren wurden abgekürzt und einiges beschleunigt. Es gab damals nach meinem Eindruck so ein Denken nach dem Motto: Das können wir jetzt immer so machen.“ Bei der Beratung des Heizkostengesetzes hatte das Bundesverfassungsgericht dann dem Bundestag untersagt, eine bereits angesetzte Abstimmung über das Gesetz durchzuführen. „Davor habe ich gewarnt und auch einen `Blauen Brief` an die Regierung geschickt.“ Das Parlament sei kein „Abnickverein“. „Am Ende empfinde ich den Vorgang rückblickend als heilsame Mahnung und Warnung an alle, ob hier im Hause oder in der Bundesregierung, für ordentliche Verfahren und Beratungen Sorge zu tragen.“
Bas sprach auch über ihre Rolle in der Außenpolitik. Am 8. Mai 2022 reiste sie als erste hochrangige deutsche Vertreterin nach Kriegsbeginn in die Ukraine. „Es gab damals eine heftige innerdeutsche Debatte und Vorwürfe, Deutschland leiste zu wenig und tue nicht das Richtige. Die Stimmung war aufgeregt und ich bin mit einem unguten Gefühl in die Ukraine gefahren.“ Ihre Abstimmung mit ihrem ukrainischen Amtskollegen Ruslan Stefantschuk habe aber geholfen, „die Türen für alle anderen zu öffnen“.
Auch das Verhältnis zu Israel sei ihr ein Anliegen. „Nach langen Debatten haben wir endlich die Resolution gegen Antisemitismus verabschiedet. Wir müssen sie mit Leben füllen, mit Maßnahmen unterfüttern“, sagte Bas. „Wenn uns das gelingt, bin ich mir sicher, dass Deutschland ein sicheres Land für Jüdinnen und Juden bleibt.“
Foto: Bärbel Bas (Archiv), via dts Nachrichtenagentur